Best Practice-Beispiele für Arbeitszeitverkürzung

Übersicht über verschiedene Branchen mit 4-Tage-Woche und/ oder Arbeitszeitverkürzung

Da Fabio - Genussmanufaktur (Handel)

Anzahl Beschäftigter: 2 (inklusive Inhaber)

Arbeitszeitmodell: 4-Tage-Woche von Mittwoch bis Samstag für den Inhaber, der

Angestellte arbeitet im gleichen Zeitraum ca. 25 bis 30 Stunden

Lohnausgleich: das Geschäft wurde vom neuen Besitzer mit denselben Öffnungszeiten

übernommen, daher wurde keine Verkürzung der Arbeitszeit in die Entlohnung

miteinbezogen

Motivation: erster Besitzer konnte aufgrund seines fortgeschrittenen Alters nicht mehr so

viel arbeiten, der neue Inhaber entschied sich das Modell beizubehalten im Hinblick auf

die eigene Lebensplanung und Work-Life-Balance

Auswirkungen: Energiekostensenkung; verbesserte Work-Life-Balance

Reaktionen der Beschäftigten: positiv; der einzige Mitarbeiter des Inhabers war voriger

Inhaber und hat seinem Vorgesetzten geraten die 4-Tage-Woche beizubehalten

Kontakt: Da Fabio - Genussmanufaktur, Humboldtstr. 57, 28203 Bremen

Email info@dafabio-genuss.com

Website: https://dafabio-genuss.com/ 

Telefon 0421 77429

Deutsches Rotes Kreuz Pflegeeinrichtung Sangershausen (Gesundheit/Pflege)

Anzahl Beschäftigter: 400

Arbeitszeitmodell: 36 Stunden pro Woche verteilt auf 4 Tage anstatt wie vorher 40

Lohnausgleich: ja und Erhöhung um 5,5 Prozent

Motivation: In der Pflegebranche arbeiten viele Angestellte in Teilzeit, weshalb sich eine

4-Tage-Woche gut anbietet; Arbeitgeber will die Attraktivität steigern

Auswirkungen: noch keine, der neue Tarifvertrag gilt ab kommendem Jahr; Projekt soll

wissenschaftlich begleitet werden

Reaktionen der Beschäftigten: teils positiv, Angestellte freuen sich auf das kommende

Jahr; teils zurückhaltend, können sich noch nicht richtig vorstellen wie es ablaufen wird

Kontakt: DRK Kreisverband Sangershausen e.V., Schartweg 11, 06526 Sangershausen

Email info@drk-sangershausen.de

Website: https://www.drk-sangerhausen.de/

Telefon 03464 61610

Neue internistische Station im Klinikum Bielefeld (Gesundheit/Pflege)

Anzahl Beschäftigter: 30

Arbeitszeitmodell: 4 statt 5 Dienste pro Woche, Arbeitszeit von 38,5 Stunden bleibt gleich

Motivation: Attraktivität steigern um Fachkräftemangel entgegenzuwirken

Auswirkungen: noch keine Erkenntnisse, da das Pilotprojekt erst diesen Sommer startet

Reaktionen der Beschäftigten: unterschiedlich, jüngere Mitarbeiter:innen waren eher

dafür und Erfahrenere eher dagegen, da lange Schichten eine große Belastung darstellen

könnten

Kontakt: Klinikum Bielefeld Mitte, Teutoburger Straße 50, 33604 Bielefeld

Email: info@klinikumbielefeld.de

Website: https://www.klinikumbielefeld.de/startseite.html

Telefon 0521 5810

Hotel Vier Jahreszeiten (Gastronomie)

Anzahl Beschäftigter: 13

Arbeitszeitmodell: 4-Tage-Woche bei gleichbleibender Stundenzahl von 40 Stunden; alle

Schichten nur noch von 12:00 bis 22:00 Uhr

Motivation: Attraktivität steigern um mehr Bewerber:innen zu erreichen und bestehende

Mitarbeiter:innen zu halten

Auswirkungen: entspanntere und motiviertere Angestellte

Reaktionen der Beschäftigten: positiv

Kontakt: Hotel Vier Jahreszeiten Starnberg, Münchner Straße 17, 82319 Starnberg bei

München

Email: info@vier-jahreszeiten-starnberg.de

Website: https://www.vier-jahreszeiten-starnberg.de

Telefon 08151 44700

Restaurant Carolaschlösschen (Gastronomie)

Anzahl Beschäftigter: 39

Arbeitszeitmodell: Möglichkeit, die gleichbleibende Arbeitszeit von 40 Stunden auf 4

Tage zu verteilen

Motivation: Steigerung der Attraktivität um Fachkräftemangel entgegenzuwirken

Auswirkungen: keine Angabe

Reaktionen der Beschäftigten: positiv; mehr Flexibilität

Kontakt: Restaurant Carolaschlösschen, Querallee 7, 01219 Dresden

Email: reservierung@carolaschloesschen.de

Website: https://www.carolaschloesschen.de/

Telefon 0351 2506000

Restaurant Canova (Gastronomie)

Anzahl Beschäftigter: ca. 30

Arbeitszeitmodell: 4-Tage-Woche für die Mitarbeiter:innen trotz siebentägiger

Öffnungszeiten, mehr Personal wurde eingestellt; Arbeitszeitverkürzung von 40 auf 36

Stunden

Lohnausgleich: ja und Gehaltserhöhung

Motivation: Steigerung der Attraktivität für potentielle Bewerber:innen und als modernes

Restaurant im Ansehen der Kund:innen

Auswirkungen: höhere Zufriedenheit der Angestellten; mehr Bewerber:innen;

Preiserhöhungen um die Angestellten angemessen bezahlen zu können

Reaktionen der Beschäftigten: positiv, berichten über bessere Work-Life-Balance und

gesteigerte Motivation

Kontakt: Canova, MS Gastronomie & Design GmbH, Am Wall 207, 28195 Bremen

Email: erleben@canova-bremen.de

Website: https://www.canova-bremen.de/

Telefon 0421 2440708

Chez Daniel (Friseurhandwerk)

Anzahl Beschäftigter: 7

Arbeitszeitmodell: 4-Tage-Woche bei gleichbleibender Arbeitszeit: 10 Stunden täglich

von Mittwoch bis Samstag

Motivation: Senkung der Energiekosten

Auswirkungen: zufriedenere Mitarbeiter:innen; mehr Bewerbungen; niedrigere

Energiekosten

Reaktionen der Beschäftigten: sehr positiv; Freizeit und private Termine können an den

freien Tagen besser geplant werden

Kontakt: Chez Daniel, Wilhelmstraße 8, 53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler

Email: info@chez-daniel.com

Website: https://www.chez-daniel.com/

Telefon 02641 8098520

Haarwerk (Friseurhandwerk)

Anzahl Beschäftigter: 8 (inklusive der Werksleitung 10)

Arbeitszeitmodell: 4-Tage-Woche für alle Mitarbeiter:innen mit Reduktion von 40 auf ca

34 Stunden, freie Tage werden abgewechselt, sodass Öffnungszeiten gleich bleiben;

gleichbleibender Urlaubsanspruch

Lohnausgleich: ja

Motivation: Attraktivität steigern: Fachkräfte halten und neue gewinnen

Auswirkungen: verbesserte Work-Life-Balance

Reaktionen der Beschäftigten: inzwischen sehr positiv; anfangs teilweise skeptisch, weil

Angestellte befürchteten es müsse einen Haken geben

Kontakt: Haarwerk, Nußbergstraße 17D, 38102 Braunschweig

Email: info@haar-werk.net

Website: https://www.haar-werk.net/

Telefon 0531 7999907

Headhunter (Friseurhandwerk)

Anzahl Beschäftigter: 4 (inklusive Inhaber)

Arbeitszeitmodell: 4-Tage-Woche von Dienstag bis Freitag und Reduzierung der

Arbeitszeit von 40 auf 36 Stunden

Lohnausgleich: ja

Motivation: Attraktivität steigern um Fachkräftemangel entgegenzuwirken; mehr

Entlastung für Mitarbeitende

 

Auswirkungen: Umsatzsteigerung ohne Preise zu erhöhen; verbesserte Work-Life-

Balance; mehr Bewerber:innen

 

Reaktionen der Beschäftigten: positiv

Kontakt: Headhunter, Am Dobben 80, 28203 Bremen

Email keine Angabe

Telefon 0421 703636

Druckerei Kroll (Druck)

Anzahl Beschäftigter: 8

Arbeitszeitmodell: seit 1978 4-Tage-Woche; vor 1978 40 Stunden wöchentlich,

inzwischen 37 Stunden; nur der Geschäftsführer hat am Freitag Bereitschaft aus dem

Homeoffice

Lohnausgleich: ja

Motivation: Es habe sich nicht rentiert, freitags um 7 Uhr für einen halben Tag den Betrieb

aufzunehmen, unterbrochen von Brotzeit und Mittagspause die Maschinen einzustellen;

früher haben zudem vor allem Frauen in dem Betrieb gearbeitet, die froh über den

zusätzlichen Familientag gewesen seien

Auswirkungen: Modell kommt nicht nur bei den Angestellten gut an: Mitbewerber wolle

jetzt auch seinen Betrieb umstellen; keine negativen Folgen für die Produktivität

Reaktionen der Beschäftigten: positiv; Modell wurde unter Einbeziehung der

Mitarbeiter:innen weiterentwickelt

Kontakt: Formteiledruck Hanna Kroll GmbH, Schulgasse 3, 85614 Kirchseeon

Email: info@kroll-gmbh.de

Website: https://www.kroll-gmbh.de/siebdruck-tampondruck-muenchen/

Telefon 08091 55030

Siebdruck Center (Druck)

Anzahl Beschäftigter: 12

Arbeitszeitmodell: Möglichkeit zur 4-Tage-Woche von Montag bis Donnerstag bei einer

Arbeitszeit von 37,5 Stunden; Arbeitszeit wurde schon vor einigen Jahren von 40 auf 37,5

Stunden für alle Mitarbeiter:innen reduziert; Unternehmen funktioniert mit einem

Stempelsystem

Lohnausgleich: ja

Motivation: Ausschlaggebend war ein Bericht über die 4-Tage-Woche und die damit

zusammenhängenden Vorteile für Mitarbeiter:innen

Auswirkungen: verbesserte Work-Life-Balance; mehr Zeit für private Termine; Inspiration

für andere Unternehmen: ein Kunde hat sich das Modell schon abgeschaut und ebenfalls

eine 4-Tage-Woche eingeführt

Reaktionen der Beschäftigten: sehr positiv, alle waren dafür sofort ein Pilotprojekt zu

starten

Kontakt: Siebdruck Center Textildruck & Stickerei, Senator-Helmken-Str. 8, 28197

Bremen

Email: info@siebdruck-center.de

Website: https://www.siebdruck-center.de/

Telefon 0421 98503050

HDZ Scholz Hausbau (Bau)

Anzahl Beschäftigter: 4

Arbeitszeitmodell: Möglichkeit zur 4-Tage-Woche von Montag bis Donnerstag bei

gleichbleibender Arbeitszeit von 40 Stunden

Motivation: als die Mitarbeiter:innen auf einer weiter entfernten Baustelle arbeiteten und

dadurch längere Fahrtzeiten hatten, kam die Idee auf am Freitag zuhause zu bleiben um

effektiver und länger an 4 Tagen auf der Baustelle arbeiten zu können; Modell wurde für

gut befunden und beibehalten

Auswirkungen: zufriedenere Mitarbeiter:innen, mehr Flexibilität

Reaktionen der Beschäftigten: positiv; erholsameres Wochenende

Kontakt: HDZ Scholz Hausbau GmbH, Bethelner Str. 4, 31171 Nordstemmen

Email hausbaugmbh@hdz-scholz.de

Website: https://www.hdz-scholz.de/

Telefon 05069 4802344

Haseitl (Bau)

Anzahl Beschäftigter: 160

Arbeitszeitmodell: 60 Mitarbeiter in der Verwaltung haben eine 4-Tage-Woche von

Montag bis Donnerstag bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 statt wie vorher 40

Stunden; digitale Hilfsmittel sollen dazu führen, dass Arbeitsabläufe effizienter gestaltet

werden können; bei den Handwerkern Wechsel zwischen 4- und 5-Tage-Woche

Lohnausgleich: ja

Motivation: Attraktivität steigern um Fachkräftemangel entgegenzuwirken

Auswirkungen: Umstellung ist für die Firma mit Kosten verbunden; an mancher Stelle

musste eine Position mit zusätzlichem Personal abgedeckt werden; im Hinblick auf den

Fachkräftemangel jedoch eine Investition in die Zukunft; motiviertere Mitarbeiter:innen

Reaktionen der Beschäftigten: positiv; es gab keine negativen Rückmeldungen; Modell

wurde von Angestellten direkt angenommen

Kontakt: M. Haseitl Baugesellschaft mbH & Co., Dießener Str. 12, 86956 Schongau

Email: info@haseitlbau.de

Website: https://haseitl-bau.de/

Telefon 08861 23510

 

Auch mir tut die Vier-Tage-Woche gut"

Im Interview mit Ingeborg Mehser sprach Sylvia Heisenhuber über die Einführung der Vier-Tage-Woche in ihrem Betrieb.

Die Firma Siebdruckcenter, Textildruck und Stickerei gibt es seit 1993, Sylvia Heisenhuber hat sie aufgebaut, begonnen hat sie zuerst zu zweit mit einem Partner, als sie selbst noch im Abitur war. Inzwischen gibt es zwölf Mitarbeitende, die meisten schon mehrere Jahre dabei, und sie bildet auch selbst aus. „Wir legen Wert auf Qualität" sagt sie, „das erreicht man nur mit Kontinuität beim Personal". Ein Betrieb mit flachen Hierarchien, jeder Bereich ist für sich selbst verantwortlich.

Vor einigen Jahren hatte sie schon mal über eine Vier-Tage-Woche nachgedacht. Im August 2022 hörte sie dann einen Bericht über eine Tischlerei, holte dort Informationen ein und schickte die Idee über die WhatsApp-Gruppe der Firma. Die Resonanz war positiv, es gab wenige Bedenken. Am Freitag wurde bereits vorher kürzer gearbeitet als an den anderen Tagen, Überstunden wurden schon vorher wenig gemacht. Jetzt wird von Montag bis Donnerstag eine Stunde länger gearbeitet, Freitag ist frei bei vollem Lohnausgleich.

Die Reaktionen von den Kund:innen? Unterstützend, sie finden das gut.

 

Fazit nach einigen Monaten: Für die Kolleg:innen ist der freie Tag toll; um sich um die eigenen Termine zu kümmern. Sylvia Heisenhuber kennt auch Zeiten mit 60-70 Arbeitsstunden pro Woche. Sie sagt „Auch mir tut die Vier-Tage-Woche gut."

 

 

So läuft die 4-Tage-Woche bei „Da Fabio“, Feinkostgeschäft im Bremer Viertel

 

Das italienische Feinkostgeschäft „Da Fabio“ existiert schon seit Anfang der 80er Jahre im Bremer Viertel. Nach 40 Jahren hat inzwischen Fabio Chiarilli, der Sohn des ehemaligen Besitzers, das Geschäft übernommen. Aufgrund seines fortgeschrittenen Alters hatte sein Vorgänger zuvor die Arbeitszeit reduziert und nur noch an vier Tagen geöffnet, von Sonntag bis Dienstag blieb der Laden geschlossen.

Chiarilli, der zuvor als Filialleiter eines Weinhandels tätig war, hat auch mit anderen Arbeitszeitmodellen Erfahrungen gemacht, beschäftigte sich aber immer wieder mit der Frage wie viel und wie er eigentlich arbeiten möchte. Als fest stand, dass er den Laden seines Vaters übernehmen wird, hat er sich im Hinblick auf seine Lebensplanung und auch auf Rat des ehemaligen Inhabers dafür entschieden die 4-Tage-Woche beizubehalten. Dieser hatte zuvor eine Mitarbeiterin in Teilzeit eingestellt, jetzt sind Vater und Sohn die einzigen Mitarbeiter des Geschäfts. Für wöchentlich ungefähr 25 bis 30 Stunden arbeitet der 72-Jährige immer noch im Laden mit.

Chiarilli ist zufrieden mit der Entscheidung, denn gerade als Selbständiger falle auch außerhalb der Öffnungszeiten häufig noch Arbeit an, weshalb der Ausgleich besonders wichtig sei. Auch wenn er seine Arbeit gerne mache, sei ihm eine ausgeglichene Work-Life-Balance wichtiger als etwaige Lohneinbußen, wobei sich auch nicht einmal beurteilen lasse ob sie überhaupt zustande kommen würden.

 Mit dem Wechsel des Besitzers hätten einige Kund:innen gehofft, der Laden würde jetzt länger geöffnet sein, aber dass sie negativ reagierten oder weg blieben ließ sich nicht feststellen. Sollte er sich doch noch dazu entscheiden einen Tag mehr geöffnet zu haben, würde er noch jemanden einstellen wollen, sodass seine eigene Arbeitszeit gleich bleibt. Ansonsten ließen sich bisher keine Nachteile des Arbeitszeitmodells für ihn oder sein Geschäft erkennen.

 

 

Case Study: Österreichische Online Marketing Firma eMagnetix führt 30-Stunden-Woche ein

Die Online Marketing Firma eMagnetix hatte sich acht Jahre nach Entstehung zwar etabliert und
bekam genug Aufträge, aber es mangelte an geeigneten Bewerber:innen um diese umsetzen zu können. Auf eine ausgeschriebene Juniorstelle gab es nur etwa zehn Anfragen von meist ungeeigneten Personen. Grund dafür sei neben dem allgemeinen Fachkräftemangel der Standortnachteil der im Landkreis von Linz gelegenen Firma sowie eine veränderte Haltung der jungen Generation in Bezug auf Arbeit.

Um wettbewerbsfähiger zu werden und die Attraktivität des Unternehmens für potentielle Bewerber:innen zu erhöhen zog der Vorgesetzte schließlich eine Verkürzung der Arbeitszeit in Betracht. Die Vollzeit sollte dabei von 38,5 auf 30 Stunden reduziert werden. Neben der Entlastung der Beschäftigten und der Verbesserung der Rekrutierung sollte das neue Modell auch die Produktivität des Unternehmens erhalten.
Als die Idee der Arbeitszeitverkürzung vorgestellt wurde gab es gemischte Reaktionen, da die Arbeitslast zunächst steigen müsste bevor potentielle Bewerber:innen von dem Modell erfahren und eingestellt werden könnten. Auf kurze Sicht musste also erstmal eine Verkürzung von 8,5 Stunden pro Woche ausgeglichen werden.

Um das zu erreichen entschied sich die Firma für einen mehrstufigen Prozess mit der Möglichkeit zur Rückkehr in die Ausgangssituation, falls das Vorhaben scheitern sollte. Unter der Anwendung (digitaler) Methoden und Werkzeuge identifizierten die Mitarbeiter:innen viele Einzelmaßnahmen um die Arbeitslast effektiv auf die Beschäftigten zu verteilen und auf Unnötiges zu verzichten. Dabei waren drei Ideen zentral: die Automatisierung von unkomplizierten Aufgaben, die Meetings unter Einbeziehung von Agenden möglichst kurz zu halten und bessere Bedingungen für unterbrechungsfreie Arbeitsphasen zu schaffen. In der nächsten Phase, Test und Evaluation, konnten eventuelle Korrekturen an den Maßnahmen vollzogen werden.

Nachdem die 30-Stunden-Woche probeweise sechs Wochen lang eingeführt wurde, evaluierten die Mitarbeiter:innen sie in der nächsten Prozessphase. Das Ergebnis zeigte, dass 17 Prozent der Zeit eingespart werden konnte. Da das aber noch nicht genügte um die gewünschten 30 Stunden zu erreichen, beschloss der Geschäftsführer die Stunden gestaffelt zu verringern. Um das neue Modell auch vertraglich zu regeln mussten noch zwei Änderungen vorgenommen werden: Die Wochenarbeitszeit musste auf 30 Stunden reduziert und die aktuelle Gleitzeitregelung daran angepasst werden.

Als nächstes folgte dann die Einführungsphase um die abgeschlossene Umstellung optimal zu realisieren. Es wurde zuerst auf 34 Stunden reduziert und die Zeitersparnis in den Folgemonaten ausgewertet. Erst eineinhalb Jahre nach Vorstellung des neuen Arbeitszeitmodells stellte eMagnetix schließlich auf 30 Stunden um.

Die einzelnen Phasen in dem Prozess wurden wissenschaftlich begleitet, unter der Förderung der Wiener Arbeiterkammer. Bei einer Befragung der Beschäftigten ein Jahr nach Einführung des Modells zeigte sich, dass sich die Work-Life-Balance sowie der Gesundheitszustand verbessert hatten. Die Arbeitsbelastung wurde als geringer empfunden, obwohl die Arbeit jetzt in kürzerer Zeit erledigt werden musste. Durch den Zugewinn an Freizeit konnte außerdem die Sorgearbeit, zum Beispiel bei der Kinderbetreuung, besser unter den Beteiligten aufgeteilt werden.

 

Vor allem wurde aber auch das Problem der fehlenden Fachkräfte gelöst: seit das neue Arbeitszeitmodell eingeführt und publik wurde, ist die Zahl der Bewerber:innen teilweise um den Faktor 10 gestiegen. Auch die Produktivität hat sich zum Positivem verändert: vergleicht man die vier Jahre vor der Einführung mit den vier danach erhält man eine Steigerung von 34 Prozent. Das Fazit der Modelleinführung lautet demnach, dass die Agentur durch die Einführung der 30-Stunden-Woche alle ihre Anforderungen erfüllen und in puncto Produktivität sogar deutlich übertreffen konnte.

Ein Artikel von Christina Groß auf Basis der Case Study „30 Stunden bei vollem
Gehalt“ von Paul Fenski

 

 

4-Tage-Woche bei „Headhunter“, Friseursalon im Bremer Viertel

 

Im Interview mit der Bremer Arbeitszeitinitiative sprach Detlef Gehlhaar über die Einführung der 4- Tage-Woche in seinem Friseursalon.

Vor ungefähr einem Jahr änderte Detlef Gehlhaar die Arbeitszeiten in seinem Friseursalon „Headhunter“ in Bremen. Eingeführt wurde eine 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich. Das neue Modell wurde über einen Zeitraum von einem Jahr schrittweise erprobt, indem nach und nach die Stunden am Samstag reduziert wurden. Die Mitarbeiter*innen arbeiten von Dienstag bis Freitag jetzt eine halbe Stunde mehr, insgesamt 36 Stunden, was eine effektive Verkürzung von 4 Stunden plus einen freien Tag mehr in der Woche ergibt.

Seine Beweggründe waren vor allem der Fachkräftemangel aber auch der Lockdown, der durch die langen Schließungen und dem dadurch entstandenen Abstand zu seiner Arbeit erst ein Umdenken für ihn möglich gemacht hätte. Früher habe er sich so ein Konzept nicht vorstellen können, sei selber kritisch gegenüber kürzeren Arbeitszeiten gewesen. Obwohl er seinen Job sehr gerne macht und auch nie ein Problem damit hatte viel zu arbeiten, ginge es ihm und auch seinen Angestellten nun besser. Dadurch, dass die Freizeit jetzt flexibler organisiert werden kann und so mehr Zeit für andere Aktivitäten bleibt, hat sich die Lebensqualität gesteigert. Entgegen den Erwartungen sei nicht nur die Motivation und Produktivität gestiegen, sondern auch der Umsatz, sogar ohne Preiserhöhungen für die Kundschaft.

Auch wenn der Salon jetzt einen Tag weniger geöffnet hat, unterstützen die Kund*innen das neue Konzept. Die Energiekosten fallen geringer aus und das Image von „Headhunter“ ist gestiegen. Dadurch gibt es inzwischen auch eine gesteigerte Anzahl an Bewerber*innen. Auch sonst lassen sich bisher nur Vorteile an der 4-Tage-Woche erkennen. Trotz allem sollte die Entscheidung gut durchdacht sein, da sie sich nicht mehr umkehren lässt, so Gehlhaar.

 

 

Mittlerweile gibt es eine Reihe von Unternehmen die ihre Arbeitszeit drastisch gekürzt haben, teilweise gibt es sogar flächendeckende Modellprojekte.

In Göteborg setzen seit vielen Jahren mehrere Unternehmen auf den 6-Stunden Tag, darunter etwa das dort ansässige Toyota-Werk. Das Ergebnis: Gleiche Produktivität, gestiegener Umsatz, weniger Krankschreibungen, zufriedene Mitarbeiter. 

Auch in Bielefeld in der IT-Agentur Rheingans Digital Enabler wird eine verkürzte Arbeitszeit gefahren, nämlich nur 25-Wochenstunden. Auch hier möchte der Geschäftsführer nicht zu einem 8-Stunden-Tag zurückkehren.

 

 

Die Broschüre 'Neue Arbeitszeiten Beispiele aus der betrieblichen Praxis in Bremen ist eine Kooperation der Arbeitnehmerkammer, der Hochschule Bremen und dem Verein Impulsgeber Zukunft. 2019 wurde die aktualisierte Variante herausgebracht. Hier werden Betriebe aus Bremen vorgestellt, die verschiedenste umfassende Maßnahmen aus dem Bereich der Arbeitszeitverkürzung, -individualisierung, und -flexilibisierung eingeführt haben. Diese Firmen sind Beispiele dafür, dass ein funktionierender Betrieb ohne klassische Arbeitszeiten mit über 40 Stunden pro Woche nicht nur auskommen, sondern auch erfolgreich sein kann.

Im Mai 2014 wurde in Bremen der Entwurf für ein „Gesetz zur Beschäftigungsförderung
durch Arbeitsumverteilung (BFAU)“ vorgestellt. Er rückt einen in der Diskussion um
Arbeitszeitverkürzung vernachlässigten Aspekt in den Mittelpunkt: Die Schaffung von
Arbeitsplätzen und damit den Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit, ungewollter Teilzeitarbeit
und prekärer Beschäftigung.


Im Folgenden sind weitere Beispiele von Arbeitszeitverkürzung in Betrieben oder als ökonomische Strategie dokumentiert sowie ein Beispieltext für eine Betriebsvereinbarung für mobiles Arbeiten verfasst:

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Erfolg mit Kurzarbeit
Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung zur Studie über Arbeitszeitverkürzung
HBS-PM-Erfolg mit Kurzarbeit 2012.pdf
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Weniger ist Mehr
BroschüreWeniger_ist_mehr_web.pdf
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Beispieltext Betriebsvereinbarung zur Verwendung
Betriebsvereinbarung Mobiles Arbeiten.do
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Download
Neue Arbeitszeiten
Neue Arbeitszeiten.pdf
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